Historische Aufnahme
Schnitt C-D
Erdgeschoss
Kellergeschoss
1.Obergeschoss
2.Obergeschoss
3.Obergeschoss
4.Obergeschoss
Dachgeschoss
Kaiserliches Postamt - Ostwall 215 , 47798 Krefeld
Bibliothek der Stadt Krefeld
1. Beschreibung
Baudenkmal
2. Städtebauliche Situation
3. Entwurfsbeschreibung
1. Beschreibung Baudenkmal (Denkmalliste Nr.291)
Das Kaiserliche Postamt wurde 1891-1894 von dem Architekten Paul Sell als Kaiserlicher Postbaurat erbaut. Das 3 ½ geschossige Gebäude ist als querrechteckiger Vierflügelbau mit Innenhof oberhalb des Hochparterregeschosses angelegt. Der straßenseitige Flügel von 15 Achsen weist hinter einem 3-achsigen Mittelrisalit eine große Eingangshalle auf, zusätzlich sind kleinere Eingänge in den jeweils äußersten Achsen symmetrisch zugeordnet. Die Treppen zur Überwindung des Sockelgeschosses sind (bzw. waren) jeweils in das Gebäude gelegt. Schmale Gänge entlang der seitlichen Außenwände und in den langen Quertrakten jeweils zum Innenhof hin erschließen den Grundriß der einraumtiefen Flügel. Bei dem rückwärtigen Flügel sind die äußeren Achsen zurückgenommen, ihnen folgen in der Fassade vorspringende symmetrisch angeordnete Treppentürme.
Die straßenseitige Fassade zeichnet sich durch eine besonders reiche Gestaltung aus. Dem Erdgeschoß oder Hochparterre über niedrigem Sockel mit hohen Rundbogenfenstern und einer Quarderputzgliederung folgt das als "piano nobile" ausgestaltete 1. Obergeschoß mit breiten Fensterrahmungen und vortretenden Sohlbänken sowie Fensterbedachungen und ein zweites niedriger angelegtes Geschoß mit stichbogigen Fenstern. Im Erdgeschoß gruppierten sich die Büros um eine im glasbedeckten Innenhof angeordnete Schalterhalle. Die ebenfalls im Krieg zerstörte Glasoberlichtkonstruktion wurde 1953 nicht wieder aufgebaut. Oberhalb einer breiten Attikazone mit stark vortretenden Gesimsen schließt ein Mezzanin mit Pilastergliederung die Fassade ab. Besondere Monumentalität erhält der Bau durch die vorgesetzte Säulenstellung des Mittelrisalits in Kolossalanordnung, dem eine aufwendige Gebälkzone und ein Dreiecksgiebel aufgesetzt sind. Hier sind neben dem Reichsadler Attribute zu erkennen, die Post und Telegrafie versinnbildlichen. Die Mittelachse und die äußeren Eingangsachsen sind durch weitere Architekturdetails hervorgehoben. Über dem Bereich der Eingangshalle, hinter dem Dreiecksgiebel saß ursprünglich eine aufwendige Tambourkuppel auf, sie wurde im 2. Weltkrieg zerstört.
Die Kuppel auf einem
quadratischen Grundriß wurde 1953 nach der Beseitigung der Kriegsschäden
nicht wieder aufgebaut, ebenso wurden die stark zerstörten verblendeten
Ziegelmusterflächen überputzt. Dafür wurde die Attika mit Fenstern
durchbrochen um ein zusätzliches Geschoß unter dem neuen Walmdach
zu ermöglichen, welches das ehemalige Flachdach überbaut.
Die übrigen Fassaden sind in Backstein errichtet, ihre stichbogigen Fenster
behalten die rhythmische Anordnung bei. Die Rückfront des Gebäudes
weist vier Vollgeschosse auf und ist bestimmt durch die vorspringenden und
über die Traufe herausreichenden Treppentürme. Die über die
anschließenden Nachbarschaftsbebauungen sichtbaren Giebelflächen
sowie die rückseitigen Mauerflächen waren in Verblendziegeln mit
aufwendigen Ziegelmustern in glasierten Ziegeln erstellt.
Das Krefelder Postgebäude
vertritt einen wichtigen Typ innerhalb der Postbauten des Deutschen Reiches.
Der neobarocke Bau ist in zahlreichen Architekturdetails eng mit dem 1893
errichteten Reichpostamt in Berlin verbunden und demonstriert so die Funktion
des Baus als Repräsentant des Reiches in hervorragender Weise.
Die architekturgeschichtliche Bedeutung des qualitätvollen Baus liegt
zugleich in der frühen und konsequenten Verwendung des "barocken"
Stils, der innerhalb der historischen Architektur der Wilhelminischen Zeit
die letzte Rezeptionsphase darstellt. Mit dem konsequenten Wechsel der Fensterformen
sowie der Wahl der aufwendigen Säulenstellung mit ausladendem Frontispitz
und ursprünglicher Kuppe, zählt das Postgebäude zu den herausragenden
Beispielen des Deutschen Neobarocks im Reich. Deutlich ablesbar ist hier zugleich
die typische Trennung zwischen prunkvoller Fassadengestaltung und funktionaler
Behandlung des Baukörpers. Damit sind neben der Hauptfassade die Gliederung
des Grundrisses und die strenge Gestaltung der übrigen Fassaden von grundsätzlicher
Bedeutung für die Architekturform als solche.
(Beschreibung aus dem Text der
Denkmalliste)
Von hohem Stellenwert ist zudem die städtebauliche Funktion des Gebäudes.
Das Postamt liegt an einer der vier Prachtstraßen, die den Stadtkern
umfassen und von dem Architekten Adolf von Vagedes gerade für eine hervorragende
Bebauung geplant wurden. Innerhalb der Gesamtbebauung bildet das Postamt einen
deutlichen Bezugspunkt.
Nicht zuletzt ist hier auch eine wesentliche ortsgeschichtliche Bedeutung hervorzuheben. Die Stadt Krefeld erlebte im 19. Jahrhundert einen enormen wirtschaftlichen Aufstieg, so stieg die Anzahl der Seidenfabriken von neun im Jahre 1809 auf einhundertvierzig im Jahre 1891. Dementsprechend kam es zu einem enormen Bevölkerungsanstieg und einer bedeutenden Stellung der Stadt als Mittelpunkt der deutschen Seidenindustrie. Das palastartige neue Postgebäude trug dieser Situation in besonderem Maße Rechnung.
Das Gebäude besitzt daher als gesamter Bau einen Denkmalwert, der sich durch seine architekturgeschichtliche, städtebauliche und ortsgeschichtliche Bedeutung begründet.
Der vorbeschriebene
Text beinhaltet die städtebauliche Dominanz
des Baudenkmals und unterstreicht die Dringlichkeit einem so gewichtigen Baudenkmal
auch durch eine entsprechende Nutzung einen städtebaulichen Zielpunkt
zu geben. Wie ehemals als Postgebäude sollte in der Zukunft die Krefelder
Bevölkerung hier wieder Aufnahme finden. Eine nichtöffentliche Nutzung
würde eine Entfremdung bedeuten.
Sollte das Vorhaben sich umsetzen lassen, den Ostwall vom Bahnhof bis hin
zum Nordwall wieder in der Form zu aktivieren, dass sich eine verkehrsberuhigte
Grünzone mit Aktivitäten in der Mittelzone nach historischem Vorbild
ausbilden läßt, kann eine andersartige Nutzung als die einer Stadtbibliothek
nicht gefunden werden. Ein Standort der über die nächsten Jahrzehnte
das Innenstadtgeschehen prägen wird. Wenn ein ganz bestimmter Nutzungszweck
für ein Gebäude nicht mehr gegeben ist und das Gebäude seine
Zweckbestimmung verloren hat, ist es wichtig nicht aus wirtschaftlichen Gründen
nach Verwertungsmöglichkeiten zu suchen die dem Gebäude das Gesicht
nehmen und es in die Anonymität drängen, es ist wichtig eine gleichbedeutende
Nutzung zu finden durch die der Erhalt für die Gemeinschaft gesichert
und ein Stadtbild nicht empfindlich verändert wird.
Die schönsten Bibliotheken
der Welt befinden sich in historischen Gebäuden. In Gebäuden die
zu diesem einen Zweck geplant und gebaut wurden. Jede Architekturrichtung
überdauernd werden sie zu Ruhezentren für die letzten Lesenden.
Das Kaiserliche Postamt hat seine Zweckbestimmung verloren, die neuen Technologien
machen die prächtigen Postbauten der Jahrhundertwende (1900) überflüssig
und lassen uns nach neuen Nutzungen für diese erhaltenswerten Baudenkmäler
suchen.
Die historische Gebäudestruktur des Postamtes mit dem um einen Innenhof
gruppierten Räume ist der konstruktive Ausgangspunkt vieler historischen
Bibliotheken.
Die vorhandenen und teilweise noch zu schaffenden Nutzflächen übertreffen
leicht das Flächenangebot aus den Forderungen für den Wettbewerbsentwurf
der Bücherei auf dem Theaterplatz.
Die vorliegenden Vorentwurfsskizzen belegen das Flächenangebot und die
interessante architektonische Lösung. Sie mußten sich jedoch auf
ein fiktives Raumprogramm aufbauen, da ein konkretes Programm nicht vorlag.
Darum ist dieser Vorentwurf nur der Beleg für die Möglichkeit in
dem Objekt KAISERLICHES POSTAMT die BIBLIOTHEK der Stadt Krefeld unterbringen
zu können.
Die Haupterschließung
der Bibliothek erfolgt über die straßenbündig tiefergelegte
Eingangshalle zum Ostwall, die dadurch einen behindertengerechten Zugang zu
einem alle Geschosse verbindenden großzügigen Personenaufzug ermöglicht.
Eine hintere Nebenerschließung erfolgt über den hofseitigen Parkplatz
der über den Jungfernweg erreichbar ist. Auch dieser Zugang wird behindertengerecht
ausgebildet.
Die ehemalige Postschalterhalle wird der großzügige Empfangsbereich
mit der Annahme- und Ausgabetheke. Um diesen Bereich gruppieren sich Kinderbereiche,
Clubräume, Tageszeitungen, Zeitschriften und Schließfächer.
Zur Hofseite wird die Fassade mit einem Lesecafé durchbrochen, das
innerhalb und außerhalb des Gebäudes angeordnet ist und sich in
einer angelegten Grünzone befindet. Hinzu kommen zwei Freiluftterrassen
für den Sommerbetrieb. Über die hofseitigen Treppentürme und
über zwei Personenaufzüge werden die oberen Geschosse erschlossen.
Der ehemalige offene Innenhof im 1.Obergeschoß wird als dreigeschossiger
Lesesaal analog der historischen Lesesäle mit in den einzelnen Geschossen
umlaufenden Büchergalerien ausgebildet. Die den Mittelteil umgebenden
offenen Räumlichkeiten beinhalten geschlossene und offene Lesebereiche
nach Vorgabe durch ein Raumprogramm. Eine zum Hof orientierte Cafébar
wird durch eine offene Leseterrasse erweitert. Im 2. Obergeschoß die
Wiederholung des 1.Obergeschosses ohne Cafébar und Terrasse. Das 3.
Obergeschoß enthält Fachlesebereiche, Arbeitsräume, Buchbinderei
und 6 moderne Büroräume. Das 4. Obergeschoß entsteht erst
durch die Demontage des provisorischen Satteldaches, welches 1953 die Kriegsschäden
abdeckte und bis heute die ursprüngliche Dachlandschaft nicht mehr erkennen
ließ.
Eine neue moderne
Dachlandschaft die sich auf der Grundlage der Historie aufbaut, nimmt moderne
Büros auf, deutet eine Kuppelhalle an in einer Größe die der
ehemaligen zerstörten Kuppel entspricht und lässt durch eine vorgelagerte
Dachterrasse die ehemalige Flachdachkonstruktion erahnen.
Der dreigeschossige Lesesaal wird im 4.Obergeschoß mit einem Glasoberlicht
abgedeckt, über das auch die Belichtung des Innenbereichs der Büroetage
erfolgt.
Ferner sind in dem erweiterten Raumprogramm ein Meeting-, Personal- und Veranstaltungsraum
mit dem direkten Zugang zu einer Dachterrasse vorgesehen. Um die städtebauliche
Dominanz, die ehemals von dem Kaiserlichen Postamt ausging, wieder zu unterstreichen,
scheint der Kuppelaufbau egal in welcher Architekturrichtung, für das
Stadtbild und die Erkennbarkeit von großer Wichtigkeit.